Caroline Wahl, 22 Bahnen

Ich hatte keine reiche, intakte Abendbrottisch-Familie. Ich hatte keinen Zahnarzt-Vater, ich hatte gar keinen Vater. Ich hatte nur eine Mutter, die sich verhielt wie ein verantwortungsloser Teenager, und eine kleine 5-jährige Schwester, die nur eine Mutter hatte (…)“ S. 63

Tilda, Mitte 20, bekommt eine Promotion in Berlin in Aussicht gestellt. Doch so ohne weiteres kann sie sich nicht dafür entscheiden. Denn irgendjemand muss sich um ihre schüchterne Schwester Ida kümmern. Tildas Mutter, Alkoholikerin, tut es nicht. Und auch ein Vater ist nicht da. Vielmehr ist Tilda diejenige, die in ihren jungen Jahren für alles verantwortlich ist und auch noch neben ihrem Studium das Geld an der Supermarktkasse verdient.  Zeit für sich hat Tilda nur vor dem Einschlafen und wenn sie im Schwimmbad ihre 22 Bahnen schwimmt.  Dort trifft sie eines Tages auf Viktor, der genau wie sie 22 Bahnen schwimmt…

Eine Geschwistergeschichte, die mich sehr berührt hat. Ein Buch über den liebevollen Zusammenhalt zweier Schwestern in einer schwierigen Situation, die ihrem Leben eine andere Richtung geben wollen; ein Buch über das Erwachsenwerden und über Liebe.  Ich bin begeistert und freue mich auf weitere Romane der jungen Autorin.

Zitate:

Es gibt nichts Schöneres, als Ida lachen zu hören.“ S. 19 „Ich durfte ihren Namen aussuchen, weil Mama keine Ideen hatte, und so war Ida auch ein bisschen mein Kind. Mit Ida hatte ich auf einmal wieder einen Anker, eine Familie, die ich eigentlich schon längst verloren geglaubt hatte.“ S. 59 „Ich musste mich nun um Ida, um meine Familie kümmern, damit sie nicht wieder zerbrach.“ S. 59

Abends liege ich im Bett und lasse es jeden Tag ein bisschen mehr zu, mir eine Zukunft in Berlin auszumalen.“ S. 75 „(…) ich kann nur gehen, wenn Ida gewappnet ist. Sie muss eine Kämpferin werden, und ich muss sie rüsten.“ S. 52

„Ich schaue ihm nach und spüre, dass da keine Schmetterlinge in meinem Bauch flattern. Kein einziger. Nein. Da ist mindestens eine fette Libelle drin, die mit einer enormen Geschwindigkeit mein Inneres erkundet.“ S. 153

„Mama ist von hier oben nur ein kleiner Punkt unter vielen, der ganz egal wird, wenn gleichzeitig am knallpinken Himmel Schwärme von Zugvögeln in den Süden aufbrechen. Von hier oben kann man nicht erkennen, ob ein Punkt Alkohol oder Saft trinkt, ob er überhaupt irgendwas trinkt, und man hört auch nicht, was der Punkt sagt. Ist eben nur ein Punkt.“ S. 174

„Das sollte hier nie eine Liebesgeschichte werden. Das sollte wenn, dann Idas und meine, vor allem Idas Heldinnengeschichte werden, in der sich Ida von Mama befreit.(…) Hauptsache, es wird keine tragische Liebesgeschichte. Dafür habe ich keine Kapazitäten.“ S. 188

Caroline Wahl, 22 Bahnen, DuMont, ET 18.4.2023, 208 Seiten

unbezahlte Werbung /Rezensionsexemplar

Die wunderschöne Umschlagabbildung ist von Eileen Corse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben