Aus dem Schwedischen von Stefan Pluschkat
Ein Buch ganz nach meinem Lesegeschmack.
„Aus dem Blickwinkel der Toten betrachtet, ist die Chronologie unbedeutend, es zählen nur die Details, die Verdichtung, das Wie, das Was und alles, was mit dem Wer zusammenhängt.“ (S. 141)
Die 50-jährige Ich-Erzählerin, Mutter dreier Kinder, liegt mit Fieber im Bett und denkt an vier Menschen, die ihr Leben geprägt haben. Jeder Person wird ein Kapitel gewidmet. Beim Lesen der Erinnerungsfragmente erfahre ich so aus dem Leben der Erzählerin, Details ihres Lebens, ihrer Begegnungen in unterschiedlichen Lebensphasen, die sich wie Puzzelteile zu einem Ganzen zusammen setzen lassen, was ich sehr mag.
Die vier Personen sind Johanna, in die sie verliebt war, als sie 27 war, von der sie verlassen wurde („Sie war meine Hauptfigur. Mein Leben war Johanna (…)“ S. 23); die Abenteurerin Niki, die sie lange vor Johanna kennenlernte, die ihr Herz berührte, und deretwegen etwas in ihr zerbrach; Alejandro, eine heftige Liebe ohne Zukunft, als die Erzählerin 30 war, aus der ihre älteste Tochter entstanden ist („Unsere Beziehung war kurz wie ein Atemzug gewesen, und trotzdem blieb er bei mir, als hätte sich in meinem Innern etwas um ihn gekrallt, ein neues Paradigma für alle zukünftigen Verben.“ S. 106) und Birgitte, die Mutter der Ich-Erzählerin, deren Leben von Angst geprägt war.
Für mich war das Lesen dieses Buches ein großer Lesegenuss. Ich mag die Sprache, die leisen, sanften Töne, den Aufbau, das Zurückschauen und Reflektieren über das Leben, über Begegnungen. Sehr gefallen hat mir auch, dass das Schreiben thematisiert wurde und, dass immer wieder Bücher eine Rolle spielen. Es ist auch ein Roman, die die Erzählerin aus dem Regal nimmt, woraufhin ihre Erinnerungen aufleben: „Manche Bücher stecken einem in den Knochen, obwohl man die Details und Namen längst vergessen hat, (…)“ S. 13, „Seither hat mich das zerfledderte Taschenbuch überallhin begleitet und einen festen Platz in meinem Bücherregal.“ S. 81
„Die Details“ wurde mit dem Augustpriset, dem wichtigsten schwedischen Literaturpreis, ausgezeichnet. Es ist der vierte Roman der schwedischen Schriftstellerin und erscheint in 28 Ländern.
Zitate:
„Sich verlieben, für mich jedes Mal wie eine Tätowierung, alles blieb, die Details wurden bewahrt, alle Menschen, die ich gemocht oder geliebt hatte.“ S. 99
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„Wir leben so viele Leben in unserem Leben, kleinere Leben mit Menschen, die kommen und gehen, Freundinnen und Freunden, die verschwinden, Kindern, die groß werden, und ich weiß nie, welches meiner Leben den eigentlichen Rahmen bildet. Habe ich Fieber oder bin verliebt, erscheint mir alles so klar, mein „Ich“ weicht einem namenlosen Glück, einer Ganzheit, die Details sind unversehrt, miteinander verbunden und dennoch einzeln erkennbar.“ S. 119
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„Und genau das ist doch unser Ich, oder das, was wir Ich nennen: Spuren der Menschen, an denen wir uns reiben. (…) Vielleicht liegt darin der Kern unserer Beziehungen, vielleicht sind sie deshalb nie endgültig vorbei.“ S. 31
IA GENBERG: DIE DETAILS, ROWOHLT, ET 15.8.2023, 144 Seiten
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