Jon Fosse: Das ist Alise

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel

Der Nobelpreis für Literatur ging in diesem Jahr an Jon Fosse. Da ich noch kein Buch von ihm gelesen hatte, war ich sehr neugierig, wie er schreibt. Diese Novelle habe ich mir ausgesucht.

Es ist März 2002. In einem Haus am Fjord lebt Signe. Inzwischen allein, denn eines Tages ist ihr Mann Asle nicht mehr nach Hause gekommen. 23 Jahre ist das inzwischen her.  Seitdem ist für Signe nichts mehr, wie es war.  Fast jeden Tag denkt sie an den Dienstag Ende November 1979, an den Tag, an dem sie sich das letzte Mal gesehen haben und „sofort ist sie wieder in dem Leeren.“ (S. 8) „warum kommt er nicht nach Hause? Aber das denkt sie so oft, denkt sie, fast jeden Tag denkt sie das, denn er fährt ja jeden Tag mit seinem Boot raus (…)“ (S. 93) Signe sieht sich selbst, sieht, wie sie am Fenster steht und auf das Wasser blickt. Sie überlegt, warum er immer auf den Fjord will, manchmal sogar zweimal am Tag, egal bei welchem Wetter. „will er vielleicht nicht mir ihr zusammen sein? (…), denkt sie, denn was für einen Grund kann er sonst haben?“ (S. 16). Sie begreift nicht, dass sie immer noch an ihn denkt, als wäre er bei ihr. „warum ist das nur so? warum ist es so, als wäre er immer noch am Leben und würde jetzt den Hausweg runtergehen, wie er es so oft getan hat, bevor er verschwand und nie wiederkam (…)“ (S. 31) Signe traumwandelt. Sie hört Stimmen der ehemaligen Hausbewohner, sieht Szenen aus vergangenen Zeiten, begegnet den vorangegangenen Generationen der Familie, u.a. Asles Ururgroßmutter Alise. Es gibt aber nicht nur Signes Gedanken, sondern auch Asles. Den Wechsel zwischen beiden fand ich sehr spannend. „(…) und sie steht jetzt sicher am Fenster und wartet auf ihn und er denkt, er liebt sie ja so sehr, und sie denkt, jetzt muss sie rausgehen und nach ihm Ausschau halten, denkt sie da am Fenster, (…)“ (S. 77)

LESEEMPFEHLUNG. 120 Seiten hat das Buch, die ich am Stück gelesen habe. Der besondere, außergewöhnliche Schreibstil, der Ton und der Rhythmus haben mir sehr beeindruckt.

JON FOSSE: DAS IST ALISE, mare, Erscheinungstermin 20.10.2023, 120 Seiten

unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

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