Über Nacht wird June mit ihrem Roman zum Literaturstar. Das Problem ist nur – sie hat ihn nicht selbst geschrieben. In Yellowface beschäftigt sich die New-York-Times-Bestsellerautorin Rebecca F. Kuang mit Fragen um geistiges Eigentum sowie kulturelle Aneignung und erzeugt eine Sogwirkung, der sich Lesende nicht entziehen können.
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Athena und June sind junge Schriftstellerinnen, die in Washington, D.C. leben. Während das Debüt von June komplett gefloppt ist, hat Athena bereits ihren dritten Bestseller bei einem großen Verlag veröffentlicht. Überhaupt hat sie mit ihren 27 Jahren alles erreicht, was auch June sich wünscht. Sie ist wunderschön und berühmt, hat sehr viel Geld und sogar einen Vertrag mit Netflix. Die Autorinnen verbindet seit dem College eine lockere Freundschaft, die jedoch seitens June eher durch Neid geprägt ist.
Als sich Athena bei einem Pancake-Wettessen der beiden verschluckt und überraschend stirbt, nimmt die unbeobachtete June einen Papierstapel mit, der neben Athenas geliebter Schreibmaschine liegt. Es ist das Manuskript für ihren vierten Roman, das bisher noch niemand gelesen hat. Und vor allem: Es ist besser als alles, was June jemals schreiben könnte, wie sich die erfolglose Autorin bewusst ist. Aber June weiß sich zu helfen. Sie vollendet Athenas Roman, der größtenteils in China spielt, und veröffentlicht ihn unter ihrem Künstlernamen Juniper Song, da dieser von der Leserschaft als chinesischer Name wahrgenommen werden könnte.
Der Roman wird ein riesiger Erfolg. June wird über Nacht zum Literaturstar, doch nun hat sie dieses große Geheimnis zu hüten, was nicht leicht ist. In den sozialen Medien kommen Zweifel an ihrer Urheberschaft und obendrein Kritiken darüber auf, dass eine Weiße mit keinerlei Bezug zu Ostasien einen Kriegsroman über China geschrieben hat. Während June sich immer mehr in Widersprüche verstrickt, werden ihr anonyme Nachrichten von einer Person geschickt, die damit droht, sie zu enttarnen. June bekommt es mit der Angst zu tun. Und hat sie da gerade die eigentlich tote Athena über die Straße laufen sehen? Athenas Geist verfolgt sie auf Schritt und Tritt.
Yellowface ist eine fesselnde und gleichzeitig leichtfüßige Lektüre, die gewichtigen Themen, wie Diebstahl geistigen Eigentums, kulturelle Aneignung, Rassismus und Cybermobbing nachgeht. Kuang beschreibt, wie ein Shitstorm in den sozialen Medien entstehen kann und welche Auswirkungen er auf Betroffene hat. Es geht um Neid unter AutorInnen, die Einsamkeit in einer hart umkämpften Branche, um den Schreibprozess an sich und die Frage, wie weit man gehen darf, um seinen Traum zu verwirklichen.
Kuangs Satire auf den Literaturbetrieb, die viele wahre und interessante Einblicke in die Buchbranche gibt, ist ein Pageturner mit gewissem Anspruch, der sowohl Fans von unterhaltsamer Lektüre als auch LiebhaberInnen intellektueller Literatur begeistern wird.
Yellowface, der mittlerweile fünfte Roman der noch sehr jungen Schriftstellerin Rebecca F. Kuang war international ein riesiger Erfolg und wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Auch hierzulande findet Yellowface, nach Babel ihr zweiter Roman, der ins Deutsche übertragen wurde – dieses Mal von Jasmin Humburg – zahlreiche begeisterte LeserInnen. Zu Recht, denn die Autorin hat mit ihrer Satire einen aktuellen, genialen, gesellschaftskritischen und absolut lesenswerten Roman geschaffen.
„Die ursprüngliche Idee für diesen Roman kam vielleicht nicht von mir, aber ich bin diejenige, die ihn gerettet und den ungeschliffenen Diamanten zum Glänzen gebracht hat.“ S. 59
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Meine Rezension ist erschienen im Literaturmagazin der Büchergilde Gutenberg, Ausgabe 3/24, Seite 45
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Ich finde die Büchergilde-Ausgabe sehr gelungen. Sie ist ein echter Knaller. Ganz besonders schön finde ich den zweifarbigen Farbschnitt, aber auch den bedruckten und geprägten festen Einband. Gelb und violett sind sowieso Farben, die ich ganz besonders mag. Das Buch bekommt einen herausragenden Platz in meinem Bücherregal.
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Kooperation Büchergilde