Tanja Schwarz: In neuem Licht

Leseempfehlung.

12 Romanminiaturen in sehr schöner Sprache und bezaubernden Sätzen über Frauen in ihren mittleren Jahren. Überwiegend wiederkehrende Charaktere, deren Lebenssituation sich Puzzelteil für Puzzelteil erschließen ließ,  boten mir ein ganz besonderes Leseerlebnis. Wie ich schon in „Vaters Stimme“, erschienen im August 2023, festgestellt habe: Die Autorin schreibt fantastisch und kann sich wunderbar in ihre Charaktere hineinbegeben. Ich mochte das Hin- und Herblättern, das Enddecken und Zusammensetzen der Puzzelteile und das Erfahren von Situationen aus ihren unterschiedlichen Lebensjahren sehr. Auch der wache Blick der Charaktere auf die Gegenwart, ihre Nähe zur Natur und Sätze wie  „Die Landschaft goss jetzt im Juni, im Licht des späten Nachmittags, das Übermaß ihrer Süße aus.“ (S. 9) haben es mir angetan.

2 von 12 Episoden sind Nele gewidmet, die über das brüchige Mutter-Tochter-Verhältnis traurig ist, das sie mit ihrer erst 15-jährigen, im anderen Kapitel 12-jährigen Tochter Sina hat und ihr Erleben mit ihrer von Traurigkeit und Angst und beherrschten Mutter, die in der Psychiatrie ist, „(…) dies war nicht mehr meine Mutter, dies war eine Zerrversion von ihr.“ (S. 18)

Auch die 3 Romanminiaturen aus Lenes Leben und ihrer Tochter Lynn mochte ich sehr. Lene, die seit der Trennung von Victor völlig erschöpft ist, „die Wohnung, den Körper einigermaßen in Schuss zu halten, all das war schon eine kaum zu bewältigende Anstrengung.“ (S. 86) Lene, die das Gefühl hat,  „…im falschen Leben eingesperrt zu sein, ohne Chance, etwas mir Gemäßes zu tun.“ (S. 217)

Aber auch die letzte Romanminiatur „Kilimandscharo“, über einen Charakter, der nur einmal vorkommt, hat es mir besonders angetan. Eine Frau ist schwanger, der Vater Bent möchte das gemeinsame Kind nicht, weshalb sie zu einer Beraterin gehen. „Wird schon werden, murmelte mein dummes Herz, und ich war aus Gründen, die mir nicht begreiflich waren, gezwungen, an derlei zu glauben.“ (S. 262). Und als Lina zur Welt kommt: „Alles scheint mir in neuem Licht, die Straßen, Bäume und Kreuzungen, die frisch geklebten und halb abgerissenen Plakate, die Imbissläden und Hunde. Mein Blick mag so neu für mich sein, weil er immer wieder auf dem Gesicht des schlafenden Kindes ruht.“ (S. 268)

Leseempfehlung. Ein Buch, mit einem Buchcover im passenden Herbstlook.

unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

Tanja Schwarz: In neuem Licht, hanserblau, Erscheinungstermin 21.9.2021, 272 Seiten

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