Uwe-Johnson-Preis 2024

Iris Wolff wird für ihren Roman Lichtungen mit den Uwe-Johnson-Preis 2024 ausgezeichnet. Die feierliche Preisverleihung fand am Freitag, den 20. September 2024 in der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern in Berlin statt.

Ich freue mich sehr, dass ich bei der Preisverleihung dabei sein konnte, denn Iris Wolff gehört zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen.

Der Uwe Johnson-Preis wird seit 1994 vergeben, seit 2005 im Wechsel mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis. Der mit 20.000 € dotierte Preis gehört international zu den festen Größen. Preisträger*innen waren u.a. Uwe Tellkamp (2008), Christa Wolf (2010), Lutz Seiler (2014), Ralf Rothmann (2018), Jenny Erpenbeck (2022).

Zwei Autoren, die mit dem Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet wurden, erhielten auch den Deutschen Buchpreis: Uwe Tellkamp (2008) für Der Turm und Lutz Seiler (2014) für Kruso. Ich wünsche es Iris Wolff sehr, dass ihre Lichtungen in diesem Jahr auch den Deutschen Buchpreis erhalten. Auf die Shortlist haben sie es bereits geschafft, es sieht also gut aus.

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Die Begründung der Jury zur Preisverleihung ist unter https://www.uwe-johnson-preis.de/ nachzulesen bzw. im folgenden als Zitat:

Iris Wolffs Roman, erschienen im Frühjahr 2024 bei Klett Cotta, wird von der Jury als Spurensuche gewürdigt, der es wie bei Uwe Johnson darum geht, »erzählend ›eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen‹. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist.« Abschließend heißt es: »Wie Uwe Johnson verweigert sie sich der Mitlieferung einer Moral.« „

Die Jury begründete ihre Entscheidung folgendermaßen: »Iris Wolffs Roman ›Lichtungen‹ setzt vergleichbar ein wie Uwe Johnsons ›Mutmassungen über Jakob‹ (1959), nämlich mit dem Ende. Mit ›Neun‹ ist zeitlich das letzte Kapitel beschrieben, aber in diesem Fall steht es am Anfang. Hier, auf der Gegenwartsebene, finden sich die Hauptfiguren Lev und Kato nach vielen Jahren wieder. Nun wird sukzessive zurück in die Vergangenheit einer rumäniendeutschen Bevölkerung in Siebenbürgen gegangen und von der Kindheit und Jugend der Protagonisten im sozialistischen Rumänien erzählt. Es ist dies – wie bei Johnson – eine Spurensuche, in der es darum geht, erzählend, ›eine Wirklichkeit, die vergangen ist, wiederherzustellen‹. Dabei wird offenbar, auf welche Weise die Zeitläufte in das Leben des einzelnen eingreifen und es zu Brüchen in der Biographie gekommen ist. Es geht um Menschen, denen eine Nationalität staatlich zugeschrieben wird, die sich aber eher Landschaften, Sprachen, Bildern zugehörig fühlen. ›Lichtungen‹ ist auch ein Roman, der dem literarisch nachfragt, was Heimat sein kann oder ist. Es zeigt sich, wie Heimat zunächst durch eine Raum- und Zeitdimension gekennzeichnet und als ein Netz von sozialen Beziehungen wirkt. Wie bei Uwe Johnson finden sich Bezugspunkte zu Ernst Blochs Heimat-Bestimmung, der den Heimat-Begriff nicht zuletzt in funktionierenden sozialen Beziehungen verankert. Lev verweigert sich der Zuschreibung in Deutsch und Rumänisch. In seinem Pass hat die Staatsangehörigkeit noch nie gewechselt. Sein Großvater Ferry bleibt bei seiner Zugehörigkeit zum Habsburgischen Österreich. Kato hat in Rumänien diese Heimat nie finden können. Als es möglich wird, zieht sie als Straßenmalerin durch Europa und bleibt auf der Suche. Wenn es im Roman heißt: ›Man ist, einmal gegangen, immer ein Gehender‹, dann trifft das für sie zu. Dabei entsteht wiederum ein Bezug zum Johnsonschen Erzählen, bei dem die Frage ›Gehen oder Bleiben‹ durchweg ein untergründiges Thema darstellt. Nachdem in zahlreichen Romanen nicht zuletzt am Schicksal der Rumäniendeutschen erzählt wurde, wie unter diktatorischen Verhältnissen Heimat als Gefühl natürlicher Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft in Gefahr gerät, hält Iris Wolff das politische Bedingungsgefüge für Heimat aus dem Vordergrund des Erzählens heraus, und dennoch ist es durchgehend anwesend. Wie Uwe Johnson verweigert sie sich der Mitlieferung einer Moral. Was dazu zu sagen ist, das sagen die Leser!«“

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Iris Wolff: Lichtungen, Klett Cotta, erschienen am 13. Januar 2024, 256 Seiten

nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024

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