Mariam Meetra: ICH HABE DEN ZORN DES WINDES GESEHEN, Gedichte

Aus dem Persischen (Dari) von Ali Abdollahi, Susanne Baghestani, Sylvia Geist und Kurt Scharf

Ich kann die Lider nicht schließen/ Die Welt zittert hinter meinen Wimpern/ (…)“ aus Unruhe, S. 55

Ergreifend, traurig und eindrucksvoll verfasst sind die Gedichte über den Verlust von Heimat, über Ortlosigkeit, Krieg und Exil, über ein Land, das durch Krieg zertrümmert wurde, über eine Seele, deren Träume unter den Trümmern der Ruinen der Heimat verschüttet sind, über Kabul, der traurigsten Stadt der Welt, der Hauptstadt der Einsamkeit einer Frau. Es sind Gedichte, die tiefe Brüche im Leben thematisieren, Verzweiflung, Kummer, Einsamkeit sowie die Unterdrückung von Mädchen und Frauen und die Verleugnung der Weiblichkeit : „Zünde die Lampen deiner Augen wieder an/ Lass nicht zu dass die Welt deine Augen vergisst/ Und uns aus dem Gedächtnis streicht/ Dass man die Freiheit in Ketten gelegt hat/ (…)“ (aus Ohne Gesicht, S. 65) Neben den schweren Themen kommen in den Gedichten auch immer wieder Erinnerungen auf, Erinnerungen an die Schönheit des Ortes, zum Beispiel an die freundliche Sonne von Kabul und an das Land des Sonnenscheins. Sehr gefallen hat mir das in den Gedichten immer wiederkehrende Element der Natur, nämlich der Wind, als ein Symbol, das eine zentrale Rolle spielt, sowie die eindrucksvollen Bilder und Metapher in der Lyrik. Hervorherben möchte ich auch das sehr interessante und horizonterweiternde Nachwort von Ali Abdollahi über Dichterinnen persischer Sprache, die Entwicklung der weiblichen Literatur und die Geschichte des Feminismus in diesem Teil der Welt sowie über die Gedichte Mariam Meetras. Der Inhalt dieser politischen Lyrik lässt sich auch auf die vielen anderen Kriegsgebiete der Welt beziehen, auf alle Menschen, die Opfer von Krieg und Zerstörung sind. Es ist ein sehr wichtiger Gedichtband, der auf verheerende Missstände aufmerksam und die Zerstörung öffentlich macht, der mich tief berührt hat. LESEEMPFEHLUNG!

Und denke an die Sonne an den Nachmittagen in Kabul/ Freigiebig und großzügig/ Und es ist als hätte sie mir tausend Jahre nicht geschienen/ Ich bin jetzt weit fort von zu Hause/ Und keine Sonne hat mich mehr gewärmt/ Unter regnerischen unbekannten Himmeln/ Bin ich eine traurige Dichterin/ Gerettet/ Vorm andauernden Niedergang des ››Vaterlands‹‹ auf meinen Schultern/ Doch meine Seele ist verschüttet unter den Trümmern der Ruinen/ Meiner Heimat/ (…) “  aus Die Nacht, S. 59

Mariam Meetra: Ich habe den Zorn des Windes gesehen, Gedichte – Wallstein Verlag, 2023, 130 Seiten

unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

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