Peter Stamm: Eine Fantasie der Zeit

„Ich bin ein Wanderer ohne Proviant, ein Jäger und Sammler, alles, was mir einfällt, fließt sofort in den Text. Vor mir ist nur Leere. Eine Welt entsteht unter meinen Schritten.“ S. 67

An drei Donnerstagen im November 2023 hielt Peter Stamm im Literaturhaus Zürich die Poetikvorlesung „Eine Fantasie der Zeit“. Ich freue mich sehr, dass ich durch dieses Buch daran teilhaben kann. Mich hat es sehr bereichert. Insbesondere Schreibenden und Leser:innen des Romans „In einer dunkelblauen Stunde“ kann ich die Poetikvorlesung sehr empfehlen.

Der Autor setzt sich mit der Frage auseinander, wie seine Bücher, insbesondere sein letzter Roman „In einer dunkelblauen Stunde“ entstanden sind, zeigt, welche Überlegungen und Zufälle am Anfang seines Textes standen, wie seine Stoffe entstehen. Er spricht über seine Arbeitsweise, gibt Werkzeuge des Schreibens, die ihm helfen. Behandelt werden auch die Themen Autofiktion, das Verhältnis von Realität und Fiktion und die Frage, wieviel von ihm in seinen Texten steckt, was für ihn gute Literatur ausmacht und was ihn zum Schreiben antreibt. „Ich weiß am Anfang nie, wohin eine Geschichte mich führen wird, das ist der stärkste Antrieb, sie aufzuschreiben.“ S. 117

„Eine Welt entsteht unter meinen Schritten“, „Ein unerwarteter Todesfall“, „Vom Machen und vom Finden“, so lauten die Titel der drei einzelnen Vorlesungen, für mich allesamt bereichernd. Leider habe ich „In einer dunkelblauen Stunde“ noch nicht gelesen. Das werde ich nun nachholen.

Zitate:

„Wie kann man etwas finden, wenn man nicht weiß, was man sucht? (…) da es sich nicht um einen konkreten Gegenstand (…) handelt, fällt das Wissen über das Gesuchte mit dem Finden zusammen. Sobald man weiß, was man sucht, hat man es auch schon gefunden. Beziehungsweise: Wenn man es findet, erkennt man, dass es das Gesuchte war.“ S. 93

„Es ist ein Buch, nicht die Realität. Mach die Augen zu und spring mir nach.“ S. 57

„Es ist wohl diese Liebe zum Gegenstand, die für mich das Literarische ist, ohne das ich nicht schreiben oder lesen mag, das, was einen Text zu mehr macht als Worte, zu mehr als Unterhaltung, das, was wir ohne Worte erinnern, ein Gefühl, eine Bewegtheit. Der Inhalt eines Textes ist dabei Nebensache, selbst traurige Texte vermitteln ein Gefühl des Glücks, wenn sie durchdrungen sind von dieser Liebe, vom Verständnis und der Hingabe des Autors oder der Autorin. Dann kommen uns die Figuren ganz nah, dann erkennen wir uns selbst in ihnen, auch wenn sie ein noch so anderes Leben führen als wir.“ S. 105

Peter Stamm: Eine Fantasie der Zeit, S. Fischer, Erscheinungstermin 24. Januar 2024, 128 Seiten

unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

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