Alex Capus: Das kleine Haus am Sonnenhang

Es sind die neunziger Jahre in Italien. Alex Capus kauft sich „für fast kein Geld“ (S. 7) im Piemont ein kleines Haus am Sonnenhang eines Weinberges. Dort verweilt er mit seiner Freundin Nadja, mit Freunden, die ihn besuchen, oder auch ganz allein mit sich und seiner Schreibmaschine, einer lindgrünen Hermes Baby, und schreibt an seinem ersten Roman. „Es war eine schöne Zeit. Tagsüber sangen die Zikaden, nachts leuchteten am ganzen Sonnenhang die Glühwürmchen.“ (S. 15)

In der Art eines Feuilletons schreibt der Autor über Alltagsgeschichten aus dem Dorf, über eine Zeit, in der in Kneipen geraucht wurde, in der es noch keine elektronische Post gab und man an Tankstellen bedient wurde, über das Schreiben seines ersten Romans, die Liebe zur Literatur und den Wunsch nach Ruhe und Beständigkeit. „Mir war schon klar, dass es noch andere schöne Orte gab auf der Welt. Aber weshalb hätte ich sie aufsuchen sollen – um eine Sammlung anzulegen?“ (S. 111) Während andere darauf erpicht sind, immer neuen Reizen zu folgen, um den optimalen Pegel an Stimulation zu erlangen, ist der Autor gelassen und zufrieden und nicht auf der Suche nach ständig neuen Erfahrungen. Ihm genügt, genau ein Strand, genau eine Pizzasorte, genau eine Kneipe.

Es ist ein leises und persönliches Buch, gedankenreich und hin und wieder auch amüsant, ein Buch, das gut tut und das ich sehr gern gelesen habe, insbesondere die Passagen über das Schreiben.

Ich war glücklich in dem kleinen Haus. Von mir aus hätte es immer so weitergehen können.(…) Aber dann zogen Wolken auf am Horizont.“ (S. 112)

Zitate:

„So bedient sich jeder, der eine Geschichte schreibt, aus dem Fundus seiner Seele, den er angehäuft hat mit Dingen, die er erlebt oder gesehen, gehört oder gelesen oder sonst wie erfahren hat. Es kann nicht anders sein. Man holt sich seine Mosaiksteine immer aus dem Steinbruch der Vergangenheit, niemand schöpft beim Erzählen aus der leeren Luft; nicht das Geringste.“ (S. 42)

„Aber so ist das Leben. Wir kommen zur Welt und dann geschehen ein paar Dinge, die nicht unbedingt miteinander in Zusammenhang stehen, und dann sind wir tot. Diese Vorstellung ertragen wir schlecht. Uns verlangt es nach Sinn, deshalb schmieden wir Kausalketten und erzählen einander Geschichten.“ (S. 72 f.)

„Wir schreiben, was wir in uns haben und wie wir sind; wie denn sonst.“ (S. 77)

„Soweit ich es überblicke, hatten fast alle großen Autorinnen und Autoren ein Lebensthema, für das sie brannten.“ (S. 88)

Alex Capus: Das kleine Haus am Sonnenhang, Hanser, Erscheinungstermin 29. Januar 2024, 160 Seiten

unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

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