Ich versuche in jedem Monat auch einen Gedichtband zu lesen. Im November haben mich die sehr berührenden Gedichte, der leider bereits verstorbenen Marie T. Martin, begleitet. Eines davon ist dieses hier (von S. 56):
„Alle Decken sind zu dünn geworden auch die Wände
die Tür verschließt sich alle Treppenstufen klappen zu
ein Mantel mit Fleecefutter soll Abhilfe schaffen
ein Unterhemd aus reiner Schurwolle du schnürst den Schuh
er hat nur Klettverschluss du wolltest wandern gehen
Bücher lesen dein E-Mail-Postfach hat Kapazitäten
du musst die Rechnung überweisen für Telefon und Strom
ob die Heizung Wasser hat du bleibst im Bett der Puls
verlangsamt sich die Körperwärme sinkt draußen Schnee
Überwürfe Familienstellen mit Tanne als Therapeut
du liegst im Traum atmest leise murmelst Zeilen
die kein Mensch versteht nur Meisen auf der Fensterbank
versuchen die Kontaktaufnahme du rührst dich nicht sie klopfen
leise weiter dir wächst im Schlaf das herrlichste Gefieder
mit angelegten Flügeln liegst du da bis zum April“
Marie T. Martin (1982-2021)
Marie T. Martin: Wisperzimmer, Poetenladen Verlag, 2013, 88 Seiten
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